Auszug aus der Eröffnungsrede der Ausstellung „9 im neun“ im Atelier neun, Mainz am 26.01.2008
Siegfried Räth, Künstler
“ […] Sie will Bilder hervorbringen, die keiner Erklärung bedürfen.
Gleichzeitig aber lässt sie uns vor Bilder treten, denen ganz offenbar eine Geschichte innewohnt, für deren Entdecken und Verstehen Schlüssel notwendig scheinen. Ist Wollen und Tun ein Widerspruch der Kunst Anna Bielers?
Im Gegenüber zweier Figuren, in der Art ihrer Begegnung auf einer Bildfläche liegt immer etwas Deutbares – wir sind aus eigener Lebenserfahrung in der Lage, Blicke, Haltungen und Gesten, kurz, jedes Zeichen der Kommunikation eines Menschen mit uns oder anderen zu erkennen. Meist entschlüsseln wir sie nur nicht sehr gründlich, oft vermag man keine klaren Worte mehr zu finden für das kurz zuvor Erlebte. Doch ein Bildwerk steht still.
Hier bekommen wir die Chance, detailliert zu erschauen, was eigentlich los ist. Denn Eigentliches liegt bei Anna Bieler nicht an der Oberfläche, die man vielleicht vorschnell als „märchenhaft“ abtut, weil ihre Art der Formabstraktion, die Art ihrer Farbsetzung uns bewusst auf dieses Glatteis führt.
Auch das Wissen, dass in den Bildern Figuren aus den Mythen verschiedenster Kulturen auftreten, darf nicht dazu verleiten, Bieler als eine reine Nacherzählerin zu sehen.
Es geht tiefer, sobald wir de-chiffriert haben und an dem Punkt angelangt sind, bis zu dessen Erreichung tatsächlich außer unserer Beobachtungsgabe keine Erklärung nötig war:
hier beginnen die leuchtenden Farben mich nun zu bedrücken, lächelnde Gesichter erfüllen mich plötzlich und bleibend mit Misstrauen, ich stehe verblüfft vor der Vieldeutigkeit der Geschehnisse und ihrer Zeichen im Bilde, die mich nach langem souveränen Betrachten in eine fühlende Spannung versetzen.
Ich weiß, dass eine große innere Energie nötig ist, um eine solche Spannung als Künstler zu erzeugen. […] „